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Die Psychologie der Turtle Trader

Inhaltsangabe:

„Wir werden Trader züchten, genauso wie sie in Singapore Schildkröten züchten.“ Mit dieser Wette, die Trading Guru Richard Dennis gegenüber seinem Freund William Eckhardt aussprach, nahm das größte und geheimste Trading-Experiment seinen Anfang – vor zirka 25 Jahren. Das Ziel: Normale Menschen zu eingefleischten Tradern zu formen. Curtis Faith, das damals jüngste und erfolgreichste Mitglied der Turtle Trader brach als erster sein Schweigen: „Die Strategien der Turtle Trader“ wurde ein Bestseller. Jetzt folgt die Fortsetzung dieser spannenden Geschichte. Curtis Faith legt die Psyche der Turtles offen. Endlich werden die Fragen beantwortet, die sich seither viele stellen: wie waren die legendären Turtles konditioniert? Auf welche Signale haben sie geachtet? Wie wurden sie Herr ihrer Trades? Zusammen mit seinen früheren Turtle-Kollegen diskutiert Curtis Faith verschiedene Strategien, wie Risiken erkannt und ausgeschaltet werden. Das neue Buch versammelt den großen Erfahrungsschatz der Experten. Es enthält eine Fülle an Material, die Trader und Investoren helfen, sich selbst aus kognitiver Befangenheit zu befreien: Angst zu bewältigen, Risiken zu kalkulieren, aus Fehlern zu lernen und sich auf Entscheidungen, nicht Ergebnisse, zu konzentrieren – das ist das Erfolgsgeheimnis.

 

Die Psychologie der Turtle Trader: Wie die weltbesten Trader Risiken meistern

Ein paar persönliche Worte:

Anfang der 1980-er Jahre schlossen zwei der besten Trader der Welt auf einer Schildkrötenfarm in Singapur eine Wette ab. Der eine behauptete, man könne das Handeln mit Rohstoff-Futures in wenige Regeln fassen, die jeder erlernen und dann mit Erfolg anwenden könne. Der andere bestritt diese Behauptung. Nach einem Casting hatten die beiden schließlich zwölf Leuten zusammengesucht, denen sie ein vollständiges und damals bereits bekanntes Handelssystem in zwei Varianten beibrachten. Das dauerte ganze zwei Wochen. Danach begann diese Truppe mit ganz unterschiedlichen Resultaten das System umzusetzen. Im Ergebnis kamen nach einigen Jahren etwas über 100 Millionen Dollar Gewinn zusammen, wozu der Autor dieses Buches knapp ein Drittel beisteuerte.

Da alle Teilnehmer dieses Feldversuches zum jahrelangen Schweigen verurteilt waren, wurde aus der Wette ein Mythos, der durch die Börsenbrief-Industrie und einige etwas auf dem Schlauch stehende Journalisten bewusst oder unbewusst erzeugt wurde. Es wurde so getan, als könne man das gewinnbringende Handeln mit Rohstoff-Futures in zwei Wochen erlernen. Bei genauerem Hinsehen wurde nur die Frage geklärt, ob man mit mechanischen Handelssystemen einen Gewinn erzielen kann. Man kann.

Heute würde man die beiden Turtle-Systeme programmieren und automatisch handeln lassen. Obwohl die Computer die Systeme mit Sicherheit wesentlich besser umsetzen würden als die Turtles damals, hätten sie keine Chance auf eine mystische Berühmtheit. Der Autor des vorliegenden Buches war damals der einzige Teilnehmer des Versuchs, der sich an die Regeln hielt, die keinen Spielraum für eigene Überlegungen ließen, wie er selbst noch einmal in diesem Buch schreibt.

Insofern ist der Titel dieses Buches eine gewisse Irreführung, denn die Turtles brauchten keine besondere Psychologie, weil sie im Grunde keine Entscheidungsfreiheit hatten. Sie konnten lediglich gegen die Regeln mehr oder weniger verstoßen oder sich an sie halten.

Die Psychologie der Turtle Trader: Wie die weltbesten Trader Risiken meistern

Die besten von ihnen lernten allerdings in den Jahren ihres Turtle-Daseins, worauf es beim Umgang mit Risiken wirklich ankommt. Und davon handelt das vorliegende Buch. Es ist also weniger ein Trading-Buch, sondern mehr eine allgemeine Betrachtung zum Thema Risiko, insbesondere unter den Aspekten des Tradings, des Managements von Firmengründungen und der Notfallmedizin. Auf den ersten beiden Gebieten kennt sich der Autor mit persönlichen Erfahrungen aus, die Psychologie der Notfallmedizin kennt aus Berichten eines Freundes. Obwohl sich die drei Gebiete doch stark voneinander unterscheiden, ist der Umgang mit den dort auftretenden Entscheidungsrisiken abstrakt gesehen völlig gleich.

Leider ist trotz allem Turtle-Marketing des Autors schlicht zu konstatieren, dass er auch in diesem Buch aktiven Tradern nicht viel zu sagen hat. Mich wundert das nicht, denn erstens hat er nach dem Ende der Turtle-Truppe sofort aufgehört weiter zu traden und eine Software-Firma aufgebaut, die es bis zur Börsennotierung brachte und dann scheiterte. Und zweitens lässt er uns in diesem Buch wissen, dass er kein besonders guter Trader ist.

Für Menschen, die sich noch nicht aktiv mit dem Thema Risiko auseinandergesetzt haben, die nicht täglich traden, sondern mit mittel- oder langfristigem Horizont investieren, ist dieses Buch jedoch sicher lesenswert.

Zunächst befasst sich der Autor mit den beiden Arten von Unsicherheit: Er unterscheidet zwischen informationsbedingter Unsicherheit, die man durch zusätzliche Informationen auflösen oder mildern kann, und chaotischer Unsicherheit, die nicht zu beseitigen ist, weil sie auf einer hohen Komplexität des jeweiligen Systems begründet ist, in dem man Entscheidungen treffen muss. Unter den Bedingungen einer Unsicherheit Entscheidungen zu treffen, bedeutet, ein Risiko einzugehen. Unser Leben ist voller Unsicherheiten. Sie ausschließen zu wollen, ist närrisch.

Wenn wir uns also dem Leben stellen wollen, dann empfiehlt uns der Autor sieben Regeln für den Umgang mit Risiken. Diese Regeln beschreibt er ausführlich, erklärt sie danach noch an Beispielen aus den genannten Gebieten und fügt dabei viele Geschichten aus seinem Leben ein. Am Ende des Buches wird er leider immer allgemeiner. Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn er uns statt dessen Geschichten aus seinem Turtle-Leben erzählt hätte.

Für noch nicht sehr erfahrene Trader bleibt vor allem der Ratschlag, eine einmal getroffene Entscheidung nach jeder neuen Information zu überprüfen, also Regel 7 zu beachten, die da lautet: „Konzentrieren Sie sich auf Entscheidungen, nicht auf Ergebnisse.“ Das bedeutet, wir sollen nicht auf einer einmal getroffenen Entscheidung (der prognostizierten Bewegungsrichtung, einem Kursziel oder anderem) bestehen, wenn uns die Realität sagt, dass sie vielleicht nicht richtig sein könnte. Das experimentelle Annähern an die Realität – nichts anderes ist Trading – ist ungewohnt. Jeder Trader weiß aus eigener Erfahrung: Die Realität ist nicht immer wahrscheinlich, manchmal ist sie sogar höchst unwahrscheinlich.

Die Psychologie der Turtle Trader: Wie die weltbesten Trader Risiken meistern

Fazit:

Das ist kein Buch für bereits erfahrene oder erfolgreiche Trader, sondern eine allgemeine Abhandlung über den Umgang mit Unsicherheiten. Der Autor stellt sieben Regeln dafür auf, die nach meiner Ansicht sehr nützlich sind. Er erklärt sie sehr ausführlich und greift dabei auf seine persönlichen Erfahrungen zurück. Mir fällt eine Bewertung schwer. Als zu allgemeines Trading-Buch hätte es drei Sterne verdient, als generelle Abhandlung über Unsicherheiten viereinhalb.


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